Neues CO2-Berechnungsmodell:
„ein Vorbild für Ausschreibungen in ganz Deutschland“
Wie können wir nachhaltig unsere CO2-Emissionen senken? Mit dieser Frage beschäftigen sich viele Abteilungen im Konzern. Der regionale Arbeitskreis Technik des Deutschen Asphaltverband im Regionalverband Baden-Württemberg, hat hier eine spannende Lösung mit den öffentlichen Auftraggebern erarbeitet, die für die gesamte Asphaltbranche richtungsweisend sein könnte. Die Leitung des Arbeitskreises hat Sven Gohl von der Makadamlabor Schwaben GmbH, einer unserer Tochtergesellschaften.
Seit längerem wird in der Baubranche diskutiert, wie man Nachhaltigkeit, insbesondere Klimaschutz, bereits in den Ausschreibungen verankern kann. Über das Pariser Klimaabkommen, den European Greendeal sowie dem Klimaschutzgesetz werden konkrete Anforderungen gestellt, Treibhausgase zu reduzieren. Öffentliche Auftraggeber sind aufgefordert, in ihren Vergaben den Klimaschutz ebenso zu berücksichtigen. Die Autobahn GmbH Südwest hatte hierzu bereits in 2021 eine erste Ausschreibung initiiert, bei der der Preis mit 70 Prozent und das Thema nachhaltiger Klimaschutz mit 30 Prozent gewichtet wurde. Dabei wurde jedoch nur die Transportentfernung vom Mischwerk zur Baustelle betrachtet. Auch 2023 wurde ein 2. Pilotprojekt ausgeschrieben, bei dem die Nachhaltigkeit ausschließlich über den zugesicherten Anteil des Asphaltgranulats bewertet wurde. Ganzheitliche Ansätze, die sowohl die unterschiedlichen Randbedingungen bei der Produktion vom Asphalt als auch die beim Transport entstehenden Emissionen berücksichtigen, gab es bis dato nicht.
Das änderte sich im Juni 2023, als sich ein Vertreter der Autobahn GmbH direkt an den Arbeitskreis Technik wendete. Sven Gohl erinnert sich noch gut an das Gespräch: „Wir hatten die Wahl: Entweder die öffentliche Hand entwickelt ein Berechnungsmodell zur Ermittlung von Treibhausgasen, dem wir uns als Industrie hätten fügen müssen oder wir als Industrie entwickeln das Modell zusammen mit der Verwaltung. Und genau das haben wir dann getan.“
Das entwickelte Modell bildet vereinfacht das Verfahren der EPD (Umweltproduktdeklaration) und dem Schattenpreismodell ab und betrachtet allein die entstehenden Treibhausgase. Es bezieht dabei alle für die Vergabe relevanten Phasen ein: von der Herstellung über Errichtung bis hin zur Nutzung und Entsorgung. Sven Gohl: „Eine große Herausforderung war das Anlegen von Stammdaten. Von der Brennstoffgewinnung bis zur Polymerherstellung wollten wir Daten festlegen, die für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gelten und mit offiziellen Quellen belegbar sind. Das ist aber gar nicht so einfach, weil mitunter widersprüchliche bzw. stark unterschiedliche Daten vorliegen. Beispiel Straßenbaubitumen: Während etwa aus der Datenbank „ecoinvent“ ein Wert von 764 kg CO2e/t ausgeht, beziffert eurobitumen den Wert 2020 auf 150 kg CO2e/t. Wir mussten uns also auf einheitliche Werte verständigen, die letztlich der Auftraggeber in seiner Ausschreibung festlegt.“ Sehr wichtig war für alle Beteiligten, dass ein einfaches und prüfbares System entsteht. Als Vorbild diente die vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie beauftragte Veröffentlichung „Klimaverträglich bauen mit einem Schattenpreis für CO2-Emissionen“ und die darin genannten Leitplanken.
Auch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg bat im Januar 2024 um einen Austausch, wie künftig Klimaschutz in der Vergabe und im Bauvertrag integriert werden kann. Gemeinsam wurden Vorschläge und Gegenvorschläge diskutiert, bis man sich darauf einigte, gleiche Berechnungsverfahren wie die Autobahn GmbH zu implementieren. „Das war schon ein großartiger Zwischenerfolg, da sich die öffentlichen Auftraggeber sowie der Bauindustrieverband Südwest und der Deutsche Asphaltverband, Regionalverband Baden-Württemberg gemeinschaftlich auf diesen Weg verständigen konnten. Mittlerweile wurden mehrere Ausschreibungen mit dem vereinfachten Rechenmodell veröffentlicht. Die Auftraggeber versuchen nun das richtige Vergabemodelle dahinter zu ermitteln.
Für uns war es nun wichtig, dieses Modell auch bei der Betrachtung unserer möglichen Optimierungen an den Asphaltmischwerken / Baustellen zu nutzen und so zu integrieren, dass es auch praktikabel in der täglichen Arbeit ist“, so Gohl.
Schnell kam da die Zusammenarbeit mit der VIA IMC zustande. Dr. Dirk Ebersbach, Geschäftsführer der VIA IMC: „Wir haben die Daten genommen und das getan, was wir am besten können und ohnehin täglich machen: Daten visualisieren, Daten verknüpfen, Transparenz herstellen und Prozesse vereinfachen.“ Entstanden ist ein praktisches Tool, mit dem sich schnell und unkompliziert die Auswirkungen der einzelnen Parameter auf den CO2-Ausstoß berechnen lassen. „Ich kann beispielsweise eingeben, welches Asphaltmischgut ich produzieren will und wie die Ausgangsstoffe in meinem Mischwerk gelagert werden. Das System zeigt mir direkt, wie viel CO2 wir damit emittieren“, so Dr. Dirk Ebersbach. „Ich kann auch schauen, wie sich der Wert verändert, wenn ich zum Beispiel statt Braunkohlestaub Erdgas als Brennelement einsetze. So lassen sich sehr gut Ausschreibungen optimieren.“
Auch Geschäftsführer Tim Lorenz ist von dem Einsatz der Technologie begeistert: „In der Bauindustrie arbeiten wir schon lange daran, unsere CO2-Emissionen nachhaltig zu senken. Aus dem Grund begrüße ich das in Baden-Württemberg entwickelte Modell, mit dem der CO2-Verbrauch fair, transparent und unbürokratisch berechnet werden kann. Die Teams rund um Sven Gohl und Dr. Dirk Ebersbach haben hier eine tolle Lösung erarbeitet, um mit diesen Daten in einer übersichtlichen Darstellung gut arbeiten zu können. Aus meiner Sicht ist dieses Modell ein Vorbild für Ausschreibungen in ganz Deutschland.“
